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Wahrheit

© S. Fischer Verlag, Aufführungsrechte S. Fischer Verlag Theater & Medien
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Textausschnitt

1

JULIAN Kann ich es dir erzählen?

ALEX Ist es gut oder schlecht?

JULIAN Ich habe sie vor einer Woche kennengelernt. Auf dem Fest. Sie war allein dort. Sie hat niemanden dort gekannt. Sie hat mich angesprochen. Wir haben uns unterhalten. Wir haben zwei Stunden lang miteinander geredet.

ALEX Hast du sie wiedergetroffen?

JULIAN Sie hat gesagt, daß ich sie anrufen soll. Ich kann sie jederzeit anrufen. Wir haben uns am nächsten Tag wiedergesehen. Wir sind zusammen essen gegangen.

ALEX Hast du mit ihr geschlafen?

JULIAN Wir sind in ihre Wohnung gegangen. Sie hat mich gefragt, ob ich mitkommen will.

ALEX War es gut für dich?

JULIAN Es war wahnsinnig schön mit ihr.

ALEX Dann vergiß es jetzt wieder.

JULIAN Wir haben uns seitdem jeden Tag gesehen. Ich gehe zu ihr. Ich übernachte bei ihr. Wir verbringen jede Nacht zusammen.

ALEX Dann kannst du jetzt wieder aufhören damit. Hör damit auf. Vergiß es.

JULIAN Sie heißt Katrin. Sie ist genauso alt wie ich. Wir sind jetzt zusammen.

ALEX Du kennst sie seit einer Woche. Das bedeutet nichts. Du bist nicht mit ihr zusammen.

JULIAN Ich bin so glücklich mit ihr, Alex. Es ist wunderbar. Wir sind wahnsinnig glücklich.

ALEX Das ist schön für dich. Das ist bald wieder vorbei.

JULIAN Nein. Wir passen gut zueinander. Wir gehören zusammen. Sie hat gesagt, daß sie meine Hände sehr schön findet. Die Hände zum Beispiel, das ist ihr wichtig. Sie hat gesagt, daß unsere Hände gut zueinander passen. Sie fragt mich so viele Dinge. Sie will so viel über mich wissen. Sie interessiert sich für alles.

ALEX Du läufst ihr nach. Mach diese Scheiße nicht.

JULIAN Nein. Sie will, daß wir uns so oft als möglich treffen. Das sagt sie jedes Mal. Sie fragt, wann wir uns wiedertreffen. Sie ruft mich mehrmals am Tag an, nur um meine Stimme zu hören.

ALEX Glaubst du ihr das?

JULIAN Du kennst sie nicht. Sie ist wunderbar. Sie ist wunderschön. Sie ist gut zu mir.

ALEX Sie ist nicht gut zu dir. Vergiß die Scheiße.

JULIAN Ich möchte, daß du sie kennenlernst. Kannst du sie kennenlernen?

ALEX Ich will sie nicht kennenlernen.

JULIAN Warum nicht?

ALEX Wozu?

JULIAN Bitte, Alex. Bitte.

ALEX Ich will nur, daß es dir gut geht.

JULIAN Es geht mir gut. Du siehst doch, daß es mir gut geht.

ALEX Ich habe dir geholfen, die Wohnung zu finden.

JULIAN Ja. Du hast mir dabei geholfen.

ALEX Ich habe den Job für dich gefunden.

JULIAN Ja.

ALEX Ich bin immer da. Ich helfe dir jedes Mal. Du kannst immer zu mir kommen.

JULIAN Ich weiß, Alex. Du hast mir geholfen. Du hast mir schon so oft geholfen. Du hast dich für mich eingesetzt. Du hast dich um mich gekümmert. Es ist mir nicht gut gegangen.

ALEX Es ist dir sehr schlecht gegangen.

JULIAN Es war keine gute Zeit. Ich habe mich nicht gut gefühlt.

ALEX Du hast mich gebraucht

JULIAN Ja.

ALEX Brauchst du mich jetzt nicht mehr?

JULIAN Doch. Ich brauche dich.

ALEX Du willst jetzt irgend etwas anderes.

JULIAN Nein.

ALEX Du willst nicht mehr, daß wir Freunde sind.

JULIAN Doch. Ich will, daß wir Freunde bleiben. Immer.

ALEX Triff dich nicht mehr mit ihr. Vergiß die Scheiße.

2

JULIAN Kannst du es sagen? Ein Mal.

KATRIN Nein.

JULIAN Ein Mal nur.

KATRIN Nein. Kein Mal.

JULIAN Sag es bitte. Ein Mal.

KATRIN Später.

JULIAN Jetzt und später.

KATRIN Später einmal.

JULIAN Warum nicht? Bitte. Ein Mal.

KATRIN Es ist noch zu früh dafür.

JULIAN Das ist es nicht.

KATRIN Wir kennen uns noch nicht lange genug.

JULIAN Wir kennen uns schon sehr gut.

KATRIN Nicht lange genug.

JULIAN Ich liebe dich. Ich liebe dich. Sag es auch.

KATRIN Nein.

JULIAN Entweder du fühlst es oder du fühlst es nicht. Fühlst du es nicht?

KATRIN Doch.

JULIAN Dann kannst du es auch sagen.

KATRIN Ich werde es später zu dir sagen.

JULIAN Ich habe es sofort gewußt. Ich weiß, daß ich mit dir zusammen bleiben will. Ich weiß es. Weißt du es noch nicht?

KATRIN Doch. Ich glaube schon.

JULIAN Ich will dich treffen. So oft es geht. Ich werde dich vom Büro abholen. Ich werde auf dich warten. Wir werden zusammen in die Wohnung gehen. Wir werden zusammen essen. Wir werden sehr glücklich miteinander sein. Wir werden jede Nacht miteinander schlafen. Ich werde immer da sein. Ich werde dir helfen. Immer.
Ich werde dir jede Last abnehmen. Ich werde alles tun, worum du mich bittest. Ich werde immer da sein für dich.

KATRIN Das ist schön, Julian.

JULIAN Es ist so. Es ist so.

KATRIN Es ist schön, daß du das sagst.

JULIAN Ich weiß noch so wenig von dir. Du hast mir erst so wenig erzählt. Ich will alles über dich wissen.

KATRIN Wir haben so viel Zeit.

JULIAN Ich möchte dich kennenlernen. Ich möchte dich verstehen können. Ich möchte alles an dir verstehen. Warum du etwas sagst. Warum du etwas tust. Ich möchte alles, was du tust, verstehen.

KATRIN Das wirst du.

JULIAN Du warst sehr lange mit niemandem zusammen.

KATRIN Das ist vorbei.

JULIAN Genauso wie ich.

KATRIN Es ist vorbei.

JULIAN Du warst allein. Du hast dich allein gefühlt. Jemand hat dir weh getan. Ich werde dir niemals weh tun.

KATRIN Ich möchte dir auch niemals weh tun.

JULIAN Sag es ein einziges Mal. Bitte. Bitte. Ich liebe dich. Ich liebe dich.

KATRIN Ich liebe dich.

JULIAN Wir werden immer zusammen bleiben.

KATRIN Wir werden zusammen bleiben.

JULIAN Ich verspreche es dir.

KATRIN Ich verspreche es.

Julian umarmt Katrin.
Sie küssen sich.

3

Musik.
Katrin tanzt langsam zur Musik.

KATRIN Magst du, wie ich mich bewege?

ALEX Du hast einen wunderschönen Körper.

KATRIN Magst du meinen Körper?

ALEX Ich mag deinen Körper.

KATRIN Gefällt dir das? Gefällt dir, wie ich mich bewege? Kann ich das?

ALEX Du kannst das sehr gut.

KATRIN Gefalle ich dir, Alex?

ALEX Du bist wunderschön.

KATRIN Habe ich einen schönen Körper?

ALEX Du hast einen makellosen Körper. Den schönsten Körper, den es gibt.

KATRIN Habe ich einen geilen Körper?

ALEX Du hast einen geilen Körper.

KATRIN Magst du meinen geilen Körper?

ALEX Ich mag deinen geilen Körper.

KATRIN Wie sehr magst du meinen geilen Körper?

ALEX Ich mag deinen geilen Körper sehr, sehr, sehr.

KATRIN Du bist verrückt. Du bist wunderbar.

ALEX Du bist verrückt. Du bist wunderbar.

KATRIN Du bist verrückt. Verrückt. Verrückt. Du bist vollkommen verrückt. Es ist wunderschön mit dir.

ALEX Bist du noch immer einverstanden?

KATRIN Ich bin einverstanden.

ALEX Willst du es genauso wie ich?

KATRIN Ich will es.

ALEX Du mußt immer wieder kommen.

KATRIN Ja.

ALEX Du darfst nicht anfangen, etwas zu fühlen.

KATRIN Nein.

ALEX Du darfst nie anfangen, irgendein scheiß Gefühl für mich zu haben.

KATRIN Das werde ich nicht.

ALEX Ich habe auch kein scheiß Gefühl für dich.

KATRIN Ich weiß.

ALEX Ich werde nie irgendein scheiß Gefühl für dich haben.

KATRIN Das ist verrückt, Alex. Das ist großartig.

ALEX Ich werde so etwas nie für dich haben.

KATRIN Du bist großartig. Du bist wunderbar.

ALEX Du mußt das tun, was du willst. Du kannst alles tun, was du willst. Du mußt alles vergessen. Vergiß es. Vergiß es. Du kannst tun, was du willst. Du mußt etwas Verrücktes tun. Ich will, daß du etwas Verrücktes tust.

KATRIN Magst du meinen Körper?

ALEX Ja.

KATRIN Magst du meine Haut?

ALEX Ich mag deine Arme. Ich mag deine Hände. Ich mag deinen Rücken. Ich mag deine Beine.

KATRIN Willst du etwas mit meinem Körper machen?

ALEX Ich will mit deinem Körper spielen.

KATRIN Willst du etwas Geiles mit meinem Körper machen?

ALEX Ich will etwas Geiles mit deinem Körper machen.

4

ALEX Gib mir eine.

David gibt Alex eine Tablette.

ALEX Zwei.

David gibt ihm noch eine Tablette.

ALEX Noch eine.

DAVID Nein.

ALEX Bist du ein Arschloch?

DAVID Keine mehr.

ALEX Komm schon, David. Bist du ein Arschloch?

DAVID Drei sind zu viel.

ALEX Ich weiß, was ich tue.

David gibt ihm eine dritte Tablette.

ALEX Warum sind sie heute gelb?

DAVID Stört es dich?

ALEX Das letzte Mal waren es rote.

DAVID Kann sein.

ALEX Sie waren rot.

DAVID Kann sein.

ALEX Sind es die gleichen?

DAVID Was glaubst du?

ALEX Scheiße. Scheiße. Warum sind sie heute gelb?

DAVID Weiß ich nicht.

ALEX Sind es die gleichen?

DAVID Willst du sie jetzt nicht?

Alex schluckt die Tabletten.

ALEX Nimmst du sie auch?

DAVID Manchmal.

ALEX Wie lange schon?

DAVID Weiß ich nicht mehr.

ALEX Was machen sie kaputt?

DAVID Nichts.

ALEX Was machen sie zuerst kaputt?

DAVID Nichts.

ALEX Wie lange kann man sie nehmen?

DAVID Sehr lange.

ALEX Ich weiß, was ich tue. Ich will das so.

DAVID Geht mich nichts an.

ALEX Es ist gut für mich. Denk nicht darüber nach.

DAVID Geht mich nichts an, Alex.

ALEX Es ist kalt.

DAVID Es ist warm.

ALEX Es ist kalt. Es ist kalt. Es ist kalt, Arschloch.

DAVID Es ist warm.

Alex kniet sich auf den Boden.

ALEX Mir ist kalt.

David bringt eine Decke.
Alex hüllt sich in die Decke ein.

ALEX Bleibst du da?

DAVID Wozu?

ALEX Kannst du nicht dableiben?

DAVID Du wirst nichts merken.

5

KATRIN Du hast dir die Haare gefärbt.

SILVIA Vor einem halben Jahr.

KATRIN Sie sind kürzer.

SILVIA Ja. Sie sind kürzer.

KATRIN Es ist besser so.

SILVIA Genauso gut wie zuvor.

KATRIN Es ist gut. Es paßt dir gut.

SILVIA Ich werde sie wieder wachsen lassen.

KATRIN Mach es nicht.

SILVIA Ich lasse sie wieder wachsen.

KATRIN Es ist sehr gut so.

SILVIA Es ist nicht sehr gut so.

KATRIN Mach es nicht.

SILVIA Ich kann machen, was ich will.

KATRIN Ich habe dir nur einen Rat gegeben.

SILVIA Warum gibst du mir noch immer einen Rat?

KATRIN Ich wollte dir nur helfen.

SILVIA Warum willst du mir noch immer helfen?

KATRIN Wohnst du noch dort?

SILVIA Ja.

KATRIN Ich habe angenommen, daß du umgezogen bist.

SILVIA Warum?

KATRIN Ich bin zwei Mal umgezogen.

SILVIA Warum hast du angenommen, daß ich umgezogen bin?

KATRIN Ich habe dir die neue Adresse nicht geschickt.

SILVIA Du hast darauf vergessen.

KATRIN Kann ich sie dir jetzt geben? Ich würde sie dir gern geben.

SILVIA Das mußt du nicht.

KATRIN Kann ich es? Ich möchte, daß du die Adresse hast.

SILVIA Wozu? Du mußt sie mir nicht geben.

KATRIN Ist es dort noch immer so?

SILVIA Es ist sicher und ruhig.

KATRIN Ich war sehr lange nicht da.

SILVIA Du warst das letzte Mal vor fünf Jahren da.

KATRIN Ich habe dir geholfen die Zimmer auszumalen.

SILVIA Ja.

KATRIN Wir haben es an einem Wochenende gemacht.

SILVIA Ja.

KATRIN Wir haben die Stühle hinaufgetragen. Wir haben den Tisch hinaufgetragen. Die Teile für den Schrank. Wir haben ihn oben zusammengebaut. Wir sind auf dem Boden gesessen. Wir haben Stunden damit verbracht. Wir haben die Kisten ausgepackt. Wir haben die Zeitschriften angesehen. Wir haben alle Zeitschriften durchgeblättert. Wir sind auf dem Boden gesessen und haben Kaffee getrunken.

SILVIA Du warst fast jeden Tag da.

KATRIN Ja.

SILVIA Du bist am späten Nachmittag gekommen. Mit dem Bus. Du hast immer etwas mitgebracht. Wir haben zusammen in der kleinen Küche gegessen.

KATRIN Hast du die Stühle noch?

SILVIA Ja.

KATRIN Hast du noch denselben Tisch?

SILVIA Ja.

KATRIN Ich habe dich nicht angerufen.

SILVIA Du hast aufgehört anzurufen.

KATRIN Ich hätte es tun sollen.

SILVIA Du hast aufgehört zu kommen. Du hast aufgehört dich zu interessieren. Du hast aufgehört, mit mir zu reden.

KATRIN Ich hätte dich regelmäßig anrufen sollen.

SILVIA Warum hast du damit aufgehört?

KATRIN Du bist meine Schwester. Du bleibst immer meine Schwester.

SILVIA Warum hast du mich jetzt angerufen?

KATRIN Du bist meine Schwester.

SILVIA Warum hast du mich angerufen?

KATRIN Ich möchte, daß du wieder meine Schwester bist.

6

ALEX Hast du sie wiedergetroffen?

JULIAN Wir sehen uns so oft wir können.

ALEX Ist das nicht langweilig?

JULIAN In der Zeit, in der ich sie nicht sehen kann, denke ich nur daran, wann wir uns wiedersehen. Was ich ihr alles sagen werde. Was wir zusammen machen werden.

ALEX Was macht ihr zusammen?

JULIAN Wir gehen stundenlang durch die Stadt. Wir gehen am Fluß entlang. Ich warte auf sie vor ihrem Büro. Wir gehen zusammen essen. Wir gehen ins Kino.

ALEX Du kannst allein ins Kino gehen. Du kannst mit mir ins Kino gehen.

JULIAN Wir gehen am Abend durch die Stadt. Sie legt ihren Arm um mich. Wir brauchen nicht zu reden. Niemand braucht etwas zu sagen. Wir gehen durch die Stadt und ich zeige ihr alles das, was sie noch nicht kennt.

ALEX Warum zeigst du es nicht mir?

JULIAN Ich fühle mich gut, wenn ich mit ihr zusammen bin. Ich fühle mich ruhig. Sie braucht nur dazusein. Ich kann atmen. Ich bin ruhig.

ALEX Sie stiehlt dir deine Zeit.

JULIAN Nein. Die Zeit, die ich ohne sie verbringen muß, ist furchtbar. Ich warte nur darauf, daß die Zeit vergeht und ich sie wiedersehen kann.

ALEX Es schadet dir.

JULIAN Das stimmt nicht, Alex.

ALEX Sie wird sich wieder von dir trennen.

JULIAN Das wird sie nicht.

ALEX Sie wird plötzlich nichts mehr von dir wissen wollen. Sie wird dich nicht mehr sehen wollen. Sie wird dich nicht mehr anrufen.

JULIAN Warum sagst du das?

ALEX Sie wird plötzlich keine Zeit mehr für dich haben. Sie wird Ausreden erfinden. Sie wird das Telephon nicht mehr abheben.

JULIAN Warum sagst du das? Du weißt, daß das nicht stimmt.

ALEX Du brauchst sie nicht. Du brauchst diese Scheiße nicht.

JULIAN Ich will nicht allein sein.

ALEX Du brauchst dieses scheiß Gefühl nicht. Du brauchst sie nicht. Du brauchst niemanden.

JULIAN Warum willst du nicht, daß wir zusammen sind?

ALEX Du bist nicht mit ihr zusammen.

JULIAN Ich habe gedacht, daß du dich darüber freuen wirst. Du wirst dich für mich freuen.

ALEX Ich bin dein Freund.

JULIAN Du gehörst nicht dazu. Du gehörst nicht zu uns. Du freust dich nicht für uns.

ALEX Ich will dein Freund sein.

7
Julian mit einer kleinen Schachtel.

JULIAN Ich möchte dir etwas schenken.

KATRIN Es gibt keinen Anlaß dazu, daß du mir etwas schenkst. Du mußt mir nichts schenken. Das ist nicht notwendig.

JULIAN Ich möchte.

KATRIN Ich habe aber kein Geschenk für dich.

JULIAN Das macht nichts. Ich wollte dich überraschen.

KATRIN Ein anderes Mal, Julian. Warum überrascht du mich nicht ein anderes Mal?

JULIAN Rate, was es ist.

KATRIN Ich will nicht raten.

JULIAN Ich helfe dir.

KATRIN Ich will nicht.

Julian gibt ihr die Schachtel.

JULIAN Mach es auf. Bitte.

Katrin packt das Geschenk aus. Es ist ein Armband.

JULIAN Gefällt es dir?

KATRIN Was ist, wenn ich es verliere?

JULIAN Warum solltest du es verlieren?

KATRIN Es kann doch sein, daß ich es verliere. Ich lasse es irgendwo liegen. Es fällt auf den Boden. Es wird kaputt.

JULIAN Du wirst es nicht verlieren. Ich weiß, daß es dir wichtig sein wird.

KATRIN Ich will dir nicht weh tun.

JULIAN Du tust mir nicht weh. Ich bin so glücklich mit dir. Ich bin dir dankbar dafür. Ich soll das nicht sagen. Aber ich bin dir dankbar dafür.

KATRIN Das ist dumm.

JULIAN Das macht nichts. Ich bin dir dankbar dafür. Es ist wie die Sonne. Wenn man nach langer Zeit wieder die Augen öffnet. Wenn man wieder atmet. Wenn alles plötzlich anders ist.

KATRIN Ich will dir nicht weh tun, Julian.

JULIAN Das tust du nicht.

KATRIN Ich werde dein Geschenk nicht nehmen.

JULIAN Wir können es umtauschen, wenn es dir nicht gefällt. Wir gehen gemeinsam hin. Du suchst dir ein anderes aus.

KATRIN Ich habe dir nichts versprochen.

JULIAN Du mußt mir nichts versprechen. Wir sind zusammen. Wir sind glücklich. Wir sind zusammen und wir werden immer zusammen bleiben.

KATRIN Wir sind nicht zusammen.

JULIAN Doch. Das sind wir.

KATRIN Wir waren nie zusammen.

JULIAN Warum sagst du das?

KATRIN Weil das die Wahrheit ist.

JULIAN Du hast gesagt, daß du mit mir zusammen sein willst. Für immer.

KATRIN Wann habe ich das gesagt?

JULIAN Das hast du sehr oft zu mir gesagt.

KATRIN Ich habe dich belogen.

JULIAN Du hast mir versprochen, daß wir immer zusammen bleiben werden.

KATRIN Ich habe mich geirrt. Ich will nicht für immer mit dir zusammen bleiben.

JULIAN Wir haben miteinander geschlafen. Jede Nacht.

KATRIN Ja. Das war sehr schön.

JULIAN Wir waren so wahnsinnig glücklich danach.

KATRIN Ja. Ich bin gerne glücklich.

JULIAN Du wolltest, daß ich dich umarme. Du wolltest, daß ich dich halte. Ich habe dich zugedeckt. Ich habe dich gehalten.

KATRIN Das macht man so, nachdem man miteinander geschlafen hat.

JULIAN Du hast gesagt, daß du mich liebst.

KATRIN Das sagt man dabei immer.

JULIAN Du hast gesagt, daß du noch nie so glücklich warst.

KATRIN Das sagt man immer so zum anderen. Das weißt du doch. Das ist so, Julian. Das weißt du doch alles.

JULIAN Aber ich kann immer da sein für dich. Ich kann dich beschützen.

KATRIN Wovor? Ich will nicht, daß du mich beschützt.

JULIAN Jeder braucht jemanden, der ihn beschützt. Ich kann mich um dich kümmern. Ich kann dich halten und beschützen. Du brauchst nie mehr Angst zu haben. Du kannst mir vertrauen.

KATRIN Es ist dumm jemandem zu vertrauen.

JULIAN Du brauchst nie mehr allein zu sein.

KATRIN Aber ich will allein sein.

JULIAN Kann ich dich umarmen?

KATRIN Nein.

JULIAN Ein Mal. Bitte.

KATRIN Nein.

JULIAN Bitte, Katrin. Bitte.